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Hanf Legalisierung in Deutschland: Wie ist der Stand 2023?

Hanf Legalisierung in Deutschland: Wie ist der Stand 2023?

Es ist Januar und die Erde dreht erneut ihre Runde. Wir wünschen euch ein erfolgreiches und erfüllendes Jahr 2023, liebe Twizzlers. Auf dass ihr euren Neujahrsvorsätzen gegenüber treu bleibt! Mit genügend Motivation und ausreichend Ausdauer lässt sich beinahe jedes Ziel erreichen, in vielen Situationen sogar noch mehr. Hoffen wir, dass unsere Bundesregierung das genauso sieht, denn diese hat einige Vorsätze für das Jahr 2023 festgelegt. Neben der Bewältigung der Energie- und Klimakrise, und des hoffentlich bald endenden Krieges in der Ukraine, steht auch ein erfreuliches Thema auf der Agenda: Die Legalisierung von Cannabis. Wir haben uns zu diesem Thema die wichtigsten Blöcke herausgenommen und schauen einmal gemeinsam, ob und wenn ja, welche Veränderungen wir in der deutschen Drogenpolitik erwarten können. Damit das ganze Thema einen Anfang und ein Ende hat haben wir uns überlegt, euch zu erzählen wieso Cannabis überhaupt illegal ist und was dazu geführt hat, dass eine erneute Legalisierung in Betracht gezogen wird.

Inhaltsverzeichnis

Die Grenze von Legalität und Illegalität innerhalb einer Pflanzenart

Die Familie der Cannabispflanzen ist riesig, lässt sich aber in drei Gattungen zusammenfassen:

  • Cannabis Sativa (Gewöhnlicher Hanf)
  • Cannabis Indica (Indischer Hanf)
  • Cannabis Ruderalis (Wild wachsender Hanf)

Cannabis Sativa ist die wohl bekannteste Form und wird aufgrund ihres hohen Ertrages am meisten angebaut. Die Konzentration an THC oder CBD variiert je nach Züchtung. Da der Anbau von Cannabispflanzen mit einem THC-Wert > 0,2% in Deutschland illegal ist, werden ausschließlich Pflanzen mit hohem CBD-Gehalt kultiviert.

Der indische Hanf wächst in Ländern wie Pakistan, Afghanistan und Indien. Der Anbau in Deutschland ist verboten, da der THC-Gehalt über die festgelegten Richtlinien liegt. Züchter kreuzen häufig Indica und Sativa, woraus Hybride entstehen - aber wie du dir schon denken kannst, ist dieses Hobby nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

Der wild wachsende Hanf erhält seinen Namen, weil er besonders schnell wächst, widerstandsfähig und selbstblühend ist. Der CBD-Gehalt ist relativ hoch, der THC-Gehalt überschreitet aber die gesetzlichen Grenzen. Cannabis Ruderalis und Cannabis Indica können deswegen nur für medizinische Zwecke angebaut werden.

Du wirst sicherlich schon ein paar Mal über Hanfprodukte in Kleidungs- und Kosmetikgeschäften gestolpert sein. Diese Produkte werden aus dem Industriehanf (Nutzhanf) erzeugt. Nutzhanf ist eine spezielle Züchtung der Sorte Cannabis Sativa und enthält hohe Mengen an CBD. Er ist eine der nachhaltigsten Pflanzen überhaupt, wächst sehr schnell, braucht nur wenig Wasser und wirft aber umso mehr Ertrag ab. Er enthält natürliche Abwehrstoffe, die vor Schädlingen schützen, so dass beim Anbau auf Herbizide, Pestizide etc. verzichtet werden kann. Und nicht nur, dass er keine Dünge- oder Schutzmittel braucht, auch repariert er bereits beschädigten Boden.

Obwohl die Menge an THC-Cannabinoiden gering ist, kommt es beim Nutzhanf immer wieder zu Missverständnissen und die behördlichen Bestimmungen sind erdrückend. Was wieder einer der Gründe ist, warum die meisten Bauern nichts mit der Pflanze zu tun haben wollen, auch wenn der Anbau wirtschaftlich und ökologisch gesehen sehr attraktiv ist.

Die Cannabispflanze: Von geschätzter Nutzpflanze zur illegalen Droge

Entgegen dem gesellschaftlichen Irrglauben, dass Cannabis illegal ist, weil es eine illegale Droge und damit gefährlich ist, liegt dem Ganzen wohl eher eine politisch und wirtschaftlich motivierte Geschichte zugrunde. Die Hanfpflanze (Cannabis Sativa L.) dient seit Jahrtausenden als Nutzpflanze in verschiedenen Kulturen. Die psychoaktive Wirkung war und ist nicht der tragende Verwendungszweck der Pflanze, denn sie bietet so viel mehr: Fasern für die Papierherstellung, Baumaterial für Schiffe, Garn für Kleidung und Segel, Samen als Nahrungsmittel sowie medizinische und therapeutische Eigenschaften. Kurz um bereichert die Hanfpflanze den Alltag in vielerlei Hinsicht und war Teil der Kultur. Gegenwärtig wird nur noch die berauschende Wirkung von Cannabis betrachtet und mit harten Drogen wie Heroin gleichgesetzt. Was hat sich geändert, dass die Nutzpflanze so einen schlechten Ruf bekam?

Es war einmal in Amerika…

Die USA spielten in den 30er Jahren eine entscheidende Rolle für das weltweite Cannabis-Verbot. Zwar haben die Türkei und Ägypten 1925 einen Antrag gestellt, dass Cannabis auf die Kontrollliste der Opiumkonferenz in Genf gesetzt werden soll, jedoch war das Engagement des “US-Federal bureu of narcotics and dangerous drugs” (FBNDD) treibend für die Kriminalisierung von Hanf.

Harry J. Anslinger war 30 Jahre lang Leiter des FBNDD und bestärkte leidenschaftlich die Prohibition von Cannabis - die genauen Gründe dafür sind unklar, Spekulationen gibt es viele. Er deklassierte Cannabis zur “Mörderdroge”, zuwider den Stimmen der Wissenschaft. Er behauptete, dass Cannabis eine gewalterzeugende Droge mit tödlicher Wirkung ist.

Er benutzte vorläufig das mexikanische Slangwort “Mariuhana” für Cannabis, was vom einstigen Industriestoff und Heilmittel ablenken sollte. In diesem Zusammenhang wurde Cannabis dazu instrumentalisiert, um gewisse Gesellschaftsgruppen zu diskreditieren und ethnische Minderheiten zu unterdrücken. Es waren die “Pot-rauchenden Mexikaner” und die farbigen Jazzmusiker, gegen die man auf dem Arbeitsmarkt vorgehen wollte. Weiße Frauen werden durch den Konsum von Cannabis sexuell enthemmt, schwarze und mexikanische Männer zu Vergewaltigern und Mördern.

Die sozial-politische Richtung der damaligen Zeit war überwiegend rassistisch motiviert und Cannabis erwies sich als hilfreiches Tool. Es wurde permanent eine Beziehung zwischen Mexikanern bzw. Schwarze, Kriminalität und Cannabis hergestellt. Die Boulevardpresse verschärfte mit ihren Berichten das politische Vorgehen und Anslinger hatte aufgrund seiner gewaltigen Medienpräsenz großen Einfluss.

Doch nicht nur politisch war das Interesse an der Verdammung der Hanfpflanze groß, auch in der Wirtschaft gab es einige Akteure, die sich für ein Verbot einsetzten. Aufgrund der vielseitigen Nutzung und des effektiven Anbaus von Hanf sahen Papier- und Faserhersteller, die sich auf Rohstoffe wie Holz und Öl konzentrierten, hohe Konkurrenz in der Pflanze und unterstützten den politischen Diskurs.

Nach jahrelanger Propaganda wurde 1937 Cannabis in den USA illegal. 10 Jahre später war Harry Anslinger Vorsitzender der UN-Drogenkommission und erreichte in dieser Funktion, dass die WHO 1954 die therapeutischen Zwecke von Cannabis aberkennt, so dass die amerikanische Drogenpolitik weltweiten Einfluss erzielte.

Dieser bewusst konstruierte Blickwinkel prägt bis heute das Image der Hanfpflanze, trotz wissenschaftlicher Aufklärungsversuche, denn seit Jahrzehnten sind gelebte Strukturen nur mit Mühe wieder aufzubrechen.

Die heutige wissenschaftliche Sicht auf Cannabis

Obwohl es zahlreiche Einwände von Ärzten und Wissenschaftlern im Drogenkreuzzug gab, waren die Stimmen der Politik, Wirtschaft und der Medien lauter. Sie prägten das Denken der nachfolgenden Generationen und damit den generellen Umgang mit Cannabis. Es gab bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts diverse Studien zum Cannabiskonsum, doch konnten erst in der Mitte des Jahrhunderts einzelne Cannabinoide isoliert und damit ausreichend Aufklärung über die Wirkung der Hanfpflanze geschaffen werden. 1988 entdeckte ein Wissenschaftler sogar die dazugehörigen Rezeptoren im Gehirn.

Für weitere Studien wären diese Entdeckungen vielversprechend gewesen, doch die Gesetzeslage erschwert ausreichende Untersuchungen. Die Chance auf eine zeitnahe Neuinterpretation wurde damit verpasst. Studien neuester Zeit brachten nahe, dass Cannabis sehr wohl therapeutische und medizinische Eigenschaften mit sich bringt und nein, es gibt keine Nachweise dafür, dass Cannabis eine gewaltbereite, tödliche Droge ist.

Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland

Von der Vergangenheit in die Gegenwart: Die SPD, FDP und Grüne haben im Koalitionsvertrag 2021 beschlossen, in der vierjährigen Legislatur Cannabis hinsichtlich des Handels und des Konsums zu legalisieren. Mittelständische Unternehmen bereiten sich schon auf das Geschäft vor, denn mit der Legalisierung eröffnen sich neue Wirtschaftssektoren in Technik, Dienstleistung und Verpackung. Der Anbau von Hanfpflanzen könnte zudem Bauern eine ertragreiche Alternative zur Viehzucht bieten.

Das wirtschaftliche Potenzial und das damit einhergehende wirtschaftliche Wachstum prognostizieren Umsätze in Milliardenhöhe. By the way, dass ein ganz und gar neuer Markt entstehen könnte, stellt eine Seltenheit in der Wirtschaftsgeschichte dar.

Politische Gründe für die Zulassung von Cannabis auf dem deutschen Markt

Untersuchungen zufolge konsumieren ca. vier Millionen Erwachsene THC. Bei Jugendlichen ist die Zahl vergleichsweise sogar höher. Diese Zahlen machen deutlich, dass Cannabis, obwohl illegal, gesellschaftlichen Anklang findet. Demzufolge ist der Schwarzmarkt groß und organisierte kriminelle Gruppen erreichen einflussreiche Strukturen in der Gesellschaft. Das heißt, eine Menge Geld fließt in den Schwarzmarkt, womit dieser wiederum bestärkt wird. Schätzungsweise gehen 1,2- 2,5 Milliarden Euro in kriminelle Hände.

Die Qualität des Produktes spielt dabei eine geringe Rolle. Immer mehr Regionen wie Berlin haben Probleme mit verunreinigtem und synthetischem Cannabis, was ernstzunehmende gesundheitliche Folgen für den Konsumenten darstellt.

Lauterbach möchte die Gesundheit der Menschen mit der Legalisierung schützen. Wie? Anbau und Produktion können besser reguliert und kontrolliert werden. Der THC-Gehalt soll maximal 15% betragen, was das Risiko psychischer Störungen senken kann. Die begleitende Stigmatisierung könnte eingeschränkt werden, womit es einfacher ist, über den Konsum zu reden und sich bei gegebener Sucht Hilfe zu holen. Kinder bzw. Jugendliche können somit besser aufgeklärt und geschützt werden. Denn auch wenn Cannabis zu weniger gesundheitsschädlichen Drogen gehört, ist es dennoch wichtig, dass der Konsum in Maßen erst ab einem gewissen Alter stattfindet und eine neutrale Aufklärung für Jedermann/ -frau zugänglich ist.

Status quo der Gesetzesänderung und die Aussicht auf 2023

Karl Lauterbach hat gekifft. Zum Wohle des Volkes, sozusagen.

Süddeutsche Zeitung, 22.12.22

Im Oktober 2022 hat unser Gesundheitsminister Karl Lauterbach den Eckpunkteplan zur Gesetzesänderung in der Europäischen Union eingereicht. Dieser beinhaltet folgendes:

  1. Kauf und Besitz von Cannabis sind in Grenzen erlaubt, Werbung allerdings ist verboten
  2. Ab 18 Jahren darf jede Privatperson 20-30 Gramm Cannabis für den eigenen Konsum besitzen
  3. Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen ist legal
  4. Die Grenze vom THC-Wert soll auf 15% beschränkt werden
  5. Cannabis soll rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden
  6. Jugendliche im Besitz von Cannabis soll keiner Strafverfolgung mehr nachgegangen werden. Das Gras wird aber beschlagnahmt und gegebenfgalls werden Präventionskurse eingeleitet
  7. Um cannabisbedingte Hirnschäden zu vermeiden soll die Grenze des THC-Wertes be 18 - 21 jährigen bei maximal 10% liegen
  8. Es ist eine vollständige Entkriminalisierung geplant
  9. Laufende Ermittlungs- und Strafverfahren sollen mit der Legalisierung eingestellt werden

Soweit hört sich alles sehr vielversprechend an. Das Prestigeprojekt wäre mit einer Genehmigung das liberalste, aber auch am stärksten regulierte Modell der EU und könnte als Musterbeispiel für andere europäische Länder dienen. Die EU vermisst allerdings eine detaillierte Gesetzesänderung mit entsprechenden Umsetzungsmethoden und eine förmliche Anfrage zur Befassung, vorher kann nichts geprüft werden. Lauterbach meinte, dass er auf die Zustimmung der Kommission wartet, bis er einen genauen Gesetzestext erfasst. Auch haben andere Thematiken wie die Energiekrise und der Krieg in der Ukraine Vorrang.

Neben all diesen Formalitäten steht der vollständigen Entkriminalisierung allerdings anderes im Weg: 2004 beschloss die EU einen sogenannten Rahmenbeschluss des Rates zu Drogenhandel, der Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet alle Handlungen mit Drogen verhältnismäßig und abschreckend zu bestrafen. Ausnahme ist hierbei der persönliche Konsum. Das ist der Widerspruch, den einige von euch vielleicht schon kennen. Der Konsum ist legal, Besitz und Handel aber ist strafbar. In den Niederlanden wird der Besitz und der Konsum toleriert, der Handel hingegen ist illegal.

Da Lauterbach den Schwarzmarkt verdrängen und Ressourcen für eine Strafverfolgung anders einsetzen möchte, appelliert er an einen legalen, privatwirtschaftlich organisierten, aber staatlich überwachten Cannabis-Markt. Der Plan sieht so aus:

  • Anbau und Verkauf werden lizenziert und engmaschig kontrolliert
  • Erwachsene sollen in Apotheken und Fachgeschäften Cannabis kaufen können, wobei die Apotheken aber nicht als neue Dealer angesehen werden

Aktuell stößt der Eckpunkteplan auf viel Gegenwind, seitens der EU und der CDU/CSU, die nebenbei im Kontakt mit der EU steht und ihre Meinung zum Thema offenkundig preisgibt. Wie will Lauterbach seine Gegner überzeugen? Mit einer sogenannten Interpretationserklärung, dass er mit der Gesetzesänderung die Menschen schützen möchte. Zudem soll eine Studie am Beispiel anderer Länder, wie Kanada und USA, welche den Cannabiskonsum bereits legalisiert haben, für Aufklärung sorgen.

Im ersten Quartal 2023 möchte Lauterbach den Gesetzesentwurf der EU vorlegen. Nicht nur, dass er “zum Wohle des Volkes kifft”, auch erkennt er, dass Cannabis Teil einer modernen Gesellschaft ist. Im Wirtschafts- und Gesundheitssektor würden extreme Veränderungen entstehen. Unserer Meinung nach zum Guten, denn dies eröffnet ganz neue Türen für die Gesellschaft und das Paradigma zum Thema Cannabis würde sich endlich wieder umkehren, sodass CBD und THC kontrolliert zum Wohle der Menschen eingesetzt werden könnten.

Was hat die Legalisierung von THC mit CBD zu tun?

Wie bereits erwähnt, erschwert die gesetzliche Situation den Anbau von Cannabispflanzen für den CBD-Markt. Täglich gibt es Razzien, da es noch immer zu Fehldeutungen kommt. Folgt man den gesetzten Richtlinien, ist keine strafrechtliche Verfolgung zu befürchten, aber der Stress mit dem Papierkram ist es definitiv nicht wert.

Aus medizinischer Betrachtung könnten mehr Untersuchungen zur Wirkung und Anwendung unternommen werden. Die Cannabis-Pflanze könnte ganz neu kennengelernt werden. Flächendeckend würde die medizinische Anerkennung eine natürliche Alternative für Patienten mit chronischen und neuropsychiatrischen Krankheiten darstellen, ohne, dass diese eine Reihe an Anträgen stellen müssen. Vielleicht, in ferner Zukunft, ergibt sich durch den Prozess, dass die UN die therapeutischen Zwecke der Hanfpflanze wieder anerkennt und Medikamente Stück für Stück wieder ihren Ursprung aus der Natur finden. CBD als einen geschätzten Teil davon.

Mit einer Veränderung des Betäubungsmittelgesetzes entstehen neue Handelsmöglichkeiten für Unternehmen in der CBD-Branche, da die meisten Regularien an dieses Gesetz gebunden sind.

Zum Abschluss noch eine letzte, schlechte Nachricht: Falls das Prestigeprojekt weder von der Opposition, noch von der EU anerkannt wird, wird Lauterbach Abstand vom ganzen Legalisierungsprozess nehmen, denn auf Kompromisse will er sich nicht einlassen.

Es bleibt also nur zu hoffen, dass die Interpretationserklärung und die Studien ein Umdenken anregen und unsere Regierung hoffentlich versteht, welche Chance Deutschland bei einer Niederlage in der Gesetzesänderung entgehen würde.

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